Gegenstand und Aufgabe der
Herz-Jesu-Verehrung:
Gedanken zur hl. Stunde am 2. Dez. 1943, Hofgastein
Liebe Katholiken!
Mit einem Herz-Jesu-Freitag hat
dieses sorgenvolle schwere Kriegsjahr 1943 am Neujahrstag begonnen. Damit war
uns nahegelegt worden, dass wir in diesem Jahr mehr als frŸher dem Herzen Jesu
unsere Liebe und unser Vertrauen schenken sollten. Wie sind wir dieser Aufgabe
gerecht geworden? So fragt man sich unwillkŸrlich, wo wir heute hl. Stunde am
Vorabend des letzten Herz-Jesu-Freitags dieses Jahres feiern? Ich mšchte diese Gewissenserforschung
Ÿber den Grad unserer Herz-Jesu-Verehrung im vergangenen Jahr dadurch anregen,
dass ich heute zu euch kurz spreche Ÿber den Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung
und ihre eigentliche Aufgabe!
Der Gegenstand der
Herz-Jesu-Verehrung ist das kšrperliche Herz des Gottmenschen Jesus Christus,
aber nicht so sehr als Teil seines Leibes, sondern vielmehr als Symbol und
Ausdruck seiner Gesinnungen.
Das Herz ist ja wirklich nach unserem
ganzen Sprachgebrauch der Ausdruck der eigentlichen Gesinnungen eines Menschen:
wie das Herze eines Menschen, so sind seine Gesinnungen: Er hat ein goldenes
Herz, so sagen wir von manchem Menschen und meinen damit, dass er mit Liebe und
GŸte an andere denkt. Er hat ein Herz aus Stein, sagen wir von anderen Menschen
und meinen damit, dass dieser Mensch vor lauter Selbstsucht und Geiz und Eigenliebe
keinen Funken VerstŠndnis fŸr Leid und Not des NŠchsten aufbringt. Und wenn
jemand recht Ÿberzeugend und aufrichtig zu uns spricht, so sagen wir: Er hat
von Herzen gesprochen. Und wenn es jemand bei seinem Tun und Arbeiten recht
ehrlich und gut meint und mit ganzer Sache dabei ist, so sagen wir: Er ist mit
dem Herzen dabei. Das Herz ist wirklich Ausdruck und Symbol der Gesinnungen
eines Menschen!
So ist das Herz auch beim
Gottmenschen Jesus Christus Ausdruck seiner Gesinnungen. Und von Ihm und
eigentlich nur von Ihm kann man wirklich sagen: Wenn er gesprochen hat, so hat
er von Herzen gesprochen, weil er es mit jedem Wort, das er sagte, gut, unendlich
gut mit uns Menschen gemeint hat. Und von Ihm und eigentlich nur von Ihm kann
man sagen: Er war mit dem Herzen dabei bei allem, was er tat. Wenn er Kranke
heilt, er war wirklich mit dem Herzen dabei, denn die Liebe trieb ihn zu diesen
Wundern seiner Allmacht. Wenn er das Brot auf wunderbare Weise vermehrte, er
war wieder mit dem Herzen dabei, denn er hatte Mitleid mit den Volksscharen,
die wie Schafe ohne Hirten waren. Und als er das letzte Abendmahl hielt und das
Heiligste Sakrament des Altares einsetzte, da war er wieder so ganz mit dem
Herzen dabei, denn da zeigte er in unŸbertreffbarer Weise wie er die seinen
geliebt hat bis ans Ende, bis zum €u§ersten. Und als er litt und als er starb,
er tat es nicht unwillig und unter einem eisernen Muss, er tat es freiwillig,
er war wieder mit dem Herzen dabei, weil er uns alle durch sein Leiden und
Sterben erlšsen wollte. So ist das Herz Jesu wirklich Symbol der unendlichen
Erlšserliebe Christi. Denn all sein Sinnen und Trachten war nur danach
gerichtet, uns Menschen zu helfen, zu suchen und zu retten, was verloren war. Wirklich,
es ist keine sentimentale †bertreibung, wenn wir sagen, dass dieses Herz, das
Herz Jesu vom ersten bis zum letzten Schlag fŸr uns Menschen geschlagen
hat: Vom ersten Schlag unter dem reinsten
Herzen Mariens angefangen, denn Liebe, unendlich gro§e Liebe war es, die ihn
dazu trieb, die Seligkeit des Himmels und die Wonne beim Vater aufzugeben und
zu verlassen und ein Mensch zu werden, so armselig und klein, wie nur ein neugeborenes
Kindlein klein und armselig und hilflos sein kann. Und bis zum letzten Schlag
vor seiner Durchbohrung, denn in seinem Leiden und Sterben hat es Christus erst
geoffenbart, wie er wirklich die menschgewordene ewige Liebe ist: Wenn ich
erhšht sein werde, werde ich alle an mich ziehen! Als der gšttliche Heiland der
heiligen Margaretha Maria Alacoque erschien und ihr sein Herz zeigte, sagte er
zu ihr: ãSieh da, dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, dass es nichts
sparte, sondern sich ganz verzehrte und erschšpfte!Ò Dieses Wort ist wahr.
Nichts hat das Heilandsherz in seiner Liebe zu uns gespart! Es hat sich
wirklich fŸr uns erschšpft bis zum letzten Blutstropfen, den es fŸr uns
vergossen hat! – Ein KirchenfŸrst hat vor ein paar Jahren ein Buch
geschrieben, das Stellung nehmen wollte zum sturmbewegten Zeitgeschehen. Da
schrieb dieser Verfasser am Anfang des Buches: ãDieses Buch ist geschrieben mit
meinem Herzblut!Ò Das ist natŸrlich eine †bertreibung. Bei einem war es keine
†bertreibung, sondern wortwšrtliche Wahrheit: Jene Seiten im Buche der
Heilsgeschichte, die Ÿber unsere Erlšsung berichten, sind wirklich mit Herzblut
geschrieben, mit dem Herzblut des besten Herzens, das je geschlagen, mit dem
Herzblut des Gottmenschen Jesus Christus! Und die Worte, die der Heiland da mit
dem Blute, mit den letzten Blutstropfen seines heiligsten Herzens geschrieben
hat, hei§en: ãMit ewiger Leibe habe ich euch Menschen geliebt, um euch alle an
mein Herz zu ziehen!Ò Die ewige Liebe, die menschgeworden im Herzen Jesu fŸr
uns geschlagen hat bei der Menschwerdung, beim Erlšsertod am Kreuze, bei der Einsetzung
des Allerheiligsten Altarssakramentes, diese ewige, menschgewordene Liebe ist
also der eigentliche Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung.
Und wenn, wir noch kurz nach der
Aufgabe der Herz-Jesu-Verehrung fragen, so ist es die, dass wir dem Herzen Jesu
den gebŸhrenden Dank abstatten fŸr seine Liebe durch gro§e, glŸhende, sŸhnende
Gegenliebe!
O wenn man einmal in besinnlicher
Stunde ein wenig tiefer eingedrungen ist in die wunderbaren Geheimnisse
gšttlicher Liebe, wenn man einmal versucht hat, mit einem starken Glauben
darŸber nachzudenken, wie viel Leibe den gšttlichen Heiland zur Menschwerdung
getrieben haben muss, wie viel Liebe die Triebfeder gewesen sein muss, die ihn
ins bittere Leiden und Sterben trieb und wie viel Liebe sein Herz in jener
Stunde erfŸllt haben muss, als er sich so tief demŸtigte, dass er uns
unwŸrdigen Menschen seinen eigenen Leib, sein eigenes Blut zur Nahrung geben
wollte im allerheiligsten Sakrament des Altares, wenn man einmal betend das
alles durchbetrachtet hat, dann begreift man es, wie gro§en Dank wir diesem
Herzen schulden und wie der schšnste Dank, den wir diesem Herzen fŸr seine
Liebe abstatten kšnnen, aufrichtige Gegenliebe ist: Liebe um Liebe! Das mŸsste
hier die Parole sein!
Aber wenn wir nŠher zusehen, wie
undankbar sind wir Menschen: So viel KŠlte, so viel Lauheit, so viel
gleichgŸltiges, gedankenloses Benehmen dem Heiland im Sakrament der Liebe
gegenŸber! Und wie viele wissen gar nichts von dieser Ÿbergro§en Heilandsliebe,
wie viele wollen nichts wissen von dieser unendlichen GŸte und Liebe, von denen
dieses Herz randvoll ist; so wie es im Weihegebet an das heiligste Herz Jesu
hei§t: ãViele haben dich niemals erkannt, viele haben deine Gebote verachtet
und dich von sich gesto§en! Erbarme dich ihrer aller und ziehe alle an dein
heiligstes Herz!Ò Und wie schrecklich mag der Heiland diesen unseren Undank,
diese KŠlte und Lauheit, diesen Hass und diese Ablehnung seiner Liebe empfunden
haben und empfinden! Wie tut Undank und Ablehnung jedem Menschenherzen weh, wie
mag es erst diesem Herzen wehtun, das wie kein andres menschliches Herz empfindsam
ist und auf dankbare Gegenliebe wartet? – Der Heiland selber klagte in
erschŸtternden Worten Ÿber die KŠlte und Lauheit und Treulosigkeit der
Menschen, als er der hl. Margaretha Maria Alacoque sein heiligstes Herz zeigte
mit den Worten: ãSieh da dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt, dass es
sich fŸr sie ganz verzehrte und erschšpfte! Und zum Lohn empfange ich von den
meisten Menschen nur Undank und Unehrbietigkeit und LŠsterungen durch KŠlte und
Verachtung, die sie mir im Sakrament der Liebe bezeigen!Ò Und im Offertorium
der Herz-Jesu-Messe hei§t es: ãNur SchmŠhungen und Leid hat mein Herz zu
erwarten. Ich schaue aus, ob einer dankbar wŠre und Mitleid mit mir hŠtte und
finde niemand. Ich suche einen Tršster in meinem Leid und finde keinen!Ò
Fast mšchte man dem Herzen Jesu
zurufen: Nein Heiland, es stimmt nicht, dass die meisten Menschen nur undankbar
sind und nur mit KŠlte und Lauheit und SchmŠhung und Verachtung deine Liebe
vergelten! Wir Heiland, wollen eine Ausnahme machen! Wir wollen wirklich deine
Liebe mit Gegenliebe vergelten! Und wenn wir im vergangenen Jahr vielleicht
wirklich gefehlt haben durch KŠlte und Lauheit, wir wollen es im kommenden
neuen Jahr gutzumachen suchen durch grš§eren Eifer, durch grš§ere Liebe! Liebe
um Liebe, das sei unser Versprechen, wo wir heute den Sinn der Herz-Jesu-Verehrung
wieder besser erkannten. Und das sei unsere Bitte: Heiligstes Herz Jesu, gib
dass ich immer mehr und mehr dich lieb! Amen!